Textprobe

Vom Hidden Champion zum börsennotierten Dienstleistungskonzern

(Kurzform)

Implemetierung einer neuen Marken- und Geschäftsstrategie bei der DKSH Management Ltd. 

Als das Management der DKSH vor mehr als zehn Jahren beschloss, aus drei traditionsreichen Familienunternehmen eine international bekannte Marke zu machen, kam diese Aufgabe einer Mondmission gleich. Der Konzern bestand aus etwa 50 Einzelunternehmen. In der Züricher Zentrale gab es weder eine Marketingabteilung, noch einen Markenauftritt, der diesen Namen verdient hätte. Seitdem ist der Spezialist für Marktexpansionen mit Schwerpunkt Asien fast jedes Jahr zweistellig gewachsen und seit 2012 an der Züricher Börse notiert. Zu dieser Erfolgsgeschichte hat die Implementierung der neuen Marken- und Geschäfts­strategie einen erheblichen Beitrag geleistet.

Die Frage des Markteintritts bzw. der Marktexpansion innerhalb Asiens steht auf der Agenda nahezu jedes international operierenden Unternehmens. Wie aber lässt sich ein so gigantischer Markt zu vertretbaren Kosten erschließen? Über nachgewiesene Expertise dieser Art verfügt das Schweizer Unternehmen DKSH. Seine drei Vorgängerfirmen Diethelm, Keller und SiberHegner haben bereits im 19. Jahrhundert erste Handelsniederlassungen in Singapur, Manila und Yokohama etabliert und seitdem ihre Verbindungen und ihre Leistungsportfolios kontinuierlich ausgebaut. 2002 entschieden sich die drei Traditionsunternehmen, den Weg von nun an gemeinsam zu gehen. Aufgrund der ähnlichen Geschäftsmodelle, vergleichbarer Dienstleistungen und der jeweils starken Marktposition in unterschiedlichen Regionen ergab sich die Möglichkeit, ganz Asien abzudecken und Synergieeffekte zu nutzen. Doch Synergien allein ersetzen noch keine unternehmerische Vision. 

Die Fusion offenbarte gemeinsame Potenziale, die später zu wichtigen „Atomen“ des neuen Markenkerns werden sollten. Dazu gehörten die wertvollen gewachsenen Geschäftsbeziehungen zu Auftraggebern und Kunden, die persönlichen Beziehungen der Mitarbeiter, die gelernten Abläufe und die bekannten Strukturen. Dieses in der Branche einzigartige Kapital musste gehoben und auf die neue Marke übertragen werden. Durch die Kombination von Marktkenntnis und den immensen Mengen an Transaktionsdaten, auf die das Unternehmen Zugriff hat, ließ sich zudem industrien- und branchen­übergreifendes Wissen generieren. In Zeiten der Globalisierung stellen diese Kompetenzen einen unschätzbaren Mehrwert dar.

Mit der Fusion zu DKSH wurde daher zugleich der Grundstein für ein neues Geschäftsmodell und eine völlig neue Branche gelegt: Market Expansion Services. Damit manifestierte DKSH nicht nur das sich rasant verändernde Anforderungsprofil der globalisierten Wirtschaft, sondern brachte zugleich die Führungsrolle der Marke als strategischer Partner auf den Punkt. Mit dem Anspruch im „Market Expansion Service“ die No. 1 in Asien zu werden, gab das Management ein klar messbares Ziel vor.

 

Die DKSH bietet eine breite Palette von Beratungs- und Fulfillmentleistungen. Dabei richtet sie sich zum einen an Hersteller in Asien, Europa und Amerika, die in Asien Beschaffungs-, Produktions- oder Absatzmärkte erschließen oder ausbauen wollen. Zum anderen wendet sie sich an Händler bzw. Vertriebsniederlassungen, die mit passenden Marken in Asien ihr Geschäft beflügeln möchten. Dazu gehören branchenübergreifende Leistungen wie Markteintrittsberatung, die Beschaffung von leistungsfähigen Rohstoffen, deren sachgerechte Weiterverarbeitung, Verpackungshandling, Lagermanagement, Marketing, Vertrieb und Kundendienst sowie zielgerichtetes Marktinformations­management.

Neupositionierung und Neuorganisation 

Das neue Geschäftsmodell galt es nun, über neue Services und eine strategisch ausgerichtete Markenführung in den Markt zu tragen. Um das ganze Potenzial der Fusion zu entfalten, wurde auf eine Dachmarkenstrategie gesetzt, dessen integraler Bestandteil das neue Leistungsangebot „Market Expansion Services“ wurde.

Die Aufgabe der Markenstrategie bestand zunächst darin, die neue Ausrichtung als internes Steuerungsinstrument für das internationale Management zu verdichten. Sie sollte die neue Geschäftsstrategie im Unternehmen verständlich machen und den Aufbau neuer Services unterstützen. Erst dann sollte sie in Form einer neuen Positionierung schrittweise im Markt sichtbar werden. Eng mit dem Aufsetzen der neuen Dachmarkenstrategie war die Entwicklung eines neuen Corporate Designs verbunden, in dem verschiedene Designelemente der Vorgängerunternehmen berücksichtigt werden sollten. Zudem mussten bei der Beurteilung des Designs und der Lesbarkeit die Bewertungs­maßstäbe asiatischer Zielgruppen Beachtung finden.

Identifikation mit einer neuen Marke 

Parallel dazu musste sich auch das Selbstverständnis der DKSH und seiner Mitarbeiter verändern. Metaphorisch gesagt, galt es, das „Dienstleistergen“ mit einem „Beratungsgen“ zu kreuzen, um mit den Kunden auf Augenhöhe zu kommen. Die Richtung gibt der Markenkern vor:

„We have the expertise to grow your business and the passion to make it happen in and for Asia.“

Mit der neuen Identität wird zugleich ein Leistungsversprechen verbunden, deren Vermittlung über ein ambitioniertes Brand-Engagement-Programm in die Wege geleitet wurde. Es zielt darauf ab, dass die Belegschaft ein gutes Verständnis für die Strategie und das Selbstverständnis des Unternehmens entwickelt. Die Identität und das Wertegerüst des Unternehmens werden dabei durch drei zentrale Bereiche erfasst: Erstens die Corporate Values. Siefokussieren darauf, wie intern zusammengearbeitet wird. Zweitens, die Markenwerte, die vermiteln, welchen Nutzen Geschäftspartner in der Zusammenarbeit erwarten dürfen. Und zum dritten die Leadership Principles. Sie stellen auf die interne Führungskultur ab.

Das Brand-Engagement-Programm der DKSH wurde auf vier Ebenen etabliert:

Recruitment und Onboarding: DKSH besitzt eine sehr klar definierte, ausgeprägte und gelebte Unternehmensidentität. Bereits bei der Rekrutierung wird der Fit der potenziellen Mitarbeiter mit den Werten des Unternehmens, wie sie in der Identität verankert sind, überprüft.

Performance Management/Leistungsvereinbarungen: Im Rahmen der individuellen Leistungsvereinbarungen dient Brand Engagement als Führungsinstrument und Personalentwicklungsmaßnahme.

Schulungen und Kommunikationsangebote: Brand Engagement ist ein konkretes Hilfsangebot, wie die Identität der Unternehmung durch die einzelnen Mitarbeiter gelebt werden kann. Neben den regelmäßigen Kommunikations­angeboten über die interne Kommunikation werden die Inhalte der Marke und Identität des Unternehmens auch durch Events und Schulungen vermittelt.

Anreizsysteme und Wettbewerbe, wie der Fantree President Award, honorieren das Verinnerlichen der Identität im Unternehmen.

Die Transformation geht weiter

Der konsistente Markenauftritt und die gelungene länderspezifische Ausspielung von Inhalten trugen dazu bei, das Image und das Geschäft der DKSH zu beflügeln. Nachdem die Erstellung der Materialien für die klassische Corporate Communications erfolgt war, wurden die Formate und Inhalte verstärkt auf Business Unit, Business Line und Länderebene heruntergebrochen, um die Kommunikation relevanter für die Zielgruppen zu gestalten bzw. sie noch stärker auf die Auftraggeber zuzuschneiden. Zusätzlich zur vertriebsorientierten Regel­kommunikation, wie den Broschüren und der Onlinepräsenz, lanciert DKSH u.a. ein Kundenmagazin, das sich zu einem wichtigen Instrument der Kunden­kommu­nikation entwickelte.

Im Zuge der Digitalisierung bewegt sich die Markenführung der DKSH heute weg von Print- hin zu Onlinemedien. Siewird „demokratischer“ und ist breiter im Unternehmen verankert. Neben klassischen Kommunikatoren sind auch Nicht-Kommunikatoren viel stärker beteiligt. Content Marketing und Storytelling gewinnen an Relevanz – nicht anstatt aber neben sauberer formaler Markenführung im Sinne des klassischen Corporate Design. Ein deutliches Zeichen dafür, dass der Transformationsprozess des Unternehmens mit der Fusion nicht endete, sondern längst in eine neue Phase übergegangen ist.

 

 

Das Kapitel erschien in:

Pauen J., Specht D. (2018) Vom Hidden Champion zum börsennotierten Dienstleistungskonzern – Interne Markenführung am Beispiel DKSH Management LTD. In: Baumgarth C. (eds) B-to-B-Markenführung. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05097-9_24

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