Die zehn besten CDs des Jahres 2019
Wie in jedem Jahr kommt hier pünktlich zu Beginn des Januars meine persönliche Top Ten der Alben des letzten Jahres.
- THE TWILIGHT SAD
„It won/t be like this all the time“
Es gehört schon Einiges dazu, mehr als 16 Jahre lang pessimistisch in die Zukunft zu schauen, obwohl der eigene berufliche Weg dafür immer weniger Anlässe liefert. Schon seit 2003 pflegen The Twilight Sad ihren eigenständigen, dunklen Sound, der mit „melancholisch“ fast ein wenig zu positiv beschrieben wäre. Seit die Editors die Schotten als Vorband ihrer 2015er Tour engagierten und sich Cure-Ikone Robert Smith als großer Fan der Band outete (etliche Support-Gigs auf der Cure-Welttournee 2016 waren die Folge), spielen The Twilight Sad endlich in der Liga, in die sie gehören. Ihr nunmehr fünftes Album strotzt nur so vor kraftvoll-stürmischen Songs voll düsterem Pathos und starkem Dark-Wave-Touch. Nach dem sogenannten Zeitgeist schaut hier keiner – dafür aber tief in den Abgrund unserer Seelen. Anspieltipp: „I/m Not Here [Missing Face]“.
- NICK CAVE
„Ghosteen“
Drei Jahre nach dem tödlichen Unfall seines damals 15-jährigen Sohn liefert Nick Cave ein bemerkenswertes Stück Trauerarbeit ab. „Ghosteen“ ist ein Album, auf das man sich einlassen muss. Es lässt sich nicht „nebenbei“ hören. Musikalisch geht Cave den bereits auf den letzten beiden Alben beschrittenen Weg konsequent weiter: kaum noch Schlagzeug und Gitarre, dafür flirrende und flackernde Synthesizer, zurückhaltende Klavierakkorde und verschiedene Chöre. Die aus früheren Alben bekannten Lärm- oder Emotionsausbrüche bleiben aus. Auch auf Refrains verzichtet Cage fast vollständig. Das Ergebnis ist erhaben, kosmisch, geisterhaft, sakral und oft an der Grenze zum Kitsch – aber der Gedanke verbietet sich. Trauer darf immer auch kitschig sein. Der Albumtitel „Ghosteen“ ist offenbar ein Wortspiel: der Teenager-Geist, der ewig 15 bleibt. Ebenso könnte es aber auch vom englischen „ghosted“ abgeleitet sein, was unter anderem dafür steht, dass jemand verschwindet, ohne sich zu verabschieden. Anspieltipps: „Waiting for you“ und das fast viertelstündige epische Finale "Hollywood".
- UNKLE
„The road: Part II / Lost highway"
Unkle-Mastermind James Lavelle hat eingeladen: Auch auf dem zweiten Teil der „The Road“-Triologie vereint er illustre Gäste, diesmal u.a. Clash Gitarrist Mick Jones, Editors-Sänger Tom Smith, Ian Astbury (The Cult) und den Unkle-Stammgast Mark Lanegan (ehemals Screaming Trees). Letzterer eröffnet mit „Requiem“ den über 80-minütigen Reigen, der zu einer Reise durchs gesamte Sounduniversum wird und keine Sekunde langweilt. Von düsterem Trip Hop über melancholische Klavierballaden, hitverdächtige Midtempo-Indienummern und Songs mit Neunzigerjahre-Rock-Feeling bis zu einem souligen Cover des Folk-Evergreens “The first time ever I saw your face“ (im Original von Roberta Flack) hält Unkle ständig neue Überraschungen bereit. Immer wenn der Sound in bekannte Standards abzurutschen droht, wartet schon die nächste Idee. Ein Album, das mit jedem Hördurchlauf besser wird. Anspieltipp: "The other side".
- JENNY HVAL – The practice of love
- MICHAEL KIWANUKA – Kiwanuka
- THE NATIONAL – I am easy to find
- THEES UHLMANN – Junkies und Scientologen
- ANNA AARAON – Pallas dreams
- WHITE LIES - Five
- THE MURDER CAPITAL – When I have fears