Vom Fach

Alles nur Fassade?

Wie Mediatektur die Kommunikation verändert

Jeder, der bei schönem Wetter die Kathedrale im französischen Chartres betritt, ist vom Lichtspiel der von der Sonne durchfluteten Kirchenfenster überwältigt. Das bunt gestaltete Glas, dessen geheimnisvolle Facetten als Chartres-Blau in den Farbkanon Einzug hielten, bildet mit der Architektur eine beeindruckende Einheit. Ganz nach Wetter und Tageszeit verwandelt sich die Stimmung im Inneren der Kathedrale, so als könne der Kirchgänger auf diese Weise göttliche Botschaften empfangen. Wie muss es erst den Baumeistern gegangen sein, die im 13. Jahrhundert zum ersten Mal diesen Effekt beobachten konnten? Wenn man so will, erlebten sie damals die Geburtsstunde der Mediatektur.

Die Kombination von Lichtinszenierungen oder anderen technologischen Gestaltungselementen mit Architektur ist also kein neues Phänomen. Der Begriff „Mediatektur“ – zusammengesetzt aus Media und Architektur – entstand jedoch erst in den 1990er Jahren. An die Stelle der Kirchenfenster sind heute hochauflösende LEDs gerückt. Woran sich in den 800 Jahren seit dem Bau der Kathedrale allerdings nichts geändert hat, ist die Faszination, die wir empfinden, wenn gebaute Umwelt im wahrsten Sinne des Wortes in ein „neues Licht“ gesetzt wird.

Die Grenzen verschwinden

Mediatektur bietet die Möglichkeit, dem statischen Charakter der Architektur dynamische Elemente hinzuzufügen. Das gilt für den öffentlichen Raum ebenso wie für Messen, Ausstellungen oder die Gestaltung von Innenräumen. Eine mediatektonisch genutzte Fassade hat nicht mehr immer nur ein und dasselbe Gesicht, sondern ständig ein neues. Eine Wand stellt keine Barriere mehr dar, sondern fungiert als einladende Projektionsfläche. Die Grenzen zwischen der realen und der virtuellen Welt scheinen sich dabei auf wundersame Weise aufzulösen. Bislang stumme Objekte werden plötzlich zum Leben erweckt und beginnen zu kommunizieren. Räume verwandeln sich binnen Sekunden wie Chamäleons und sorgen für begeisternde Momente. Der Puls des Betrachters wird in einen freudigen Galopp versetzt, die Härchen auf den Armen vollführen aufgeregte Tänze. Ein solches Erlebnis findet nicht nur den direkten Weg in das Bewusstsein, es bleibt als positive Erinnerung im Gedächtnis.

Die Herausforderung besteht dabei darin, das wachsende Potential der Neuen Medien kreativ mit den technischen Gegebenheiten der Gebäude oder Räume zu verbinden und die Bühne für die Kommunikationsbotschaften zu vergrößern. Nicht der Mensch soll sich auf den Raum einstellen, sondern der Raum auf den Menschen. Die Mediatektur wird dabei zur Membran zwischen der realen und der digitalen Welt.

Vom Betrachter zum Akteur

Mediatektur ist gebaute Kommunikation in der Sprache der jeweiligen Zeit. Die Digitalisierung der Projektions- und Übertragungstechniken und die Preisentwicklung u.a. bei LED-Screens sorgen dafür, dass sie in immer mehr Bereichen Einzug hält und völlig neue Konzepte entstehen lässt. Es gibt bereits Medienfassaden, die sich entsprechend des aktuellen Wetters verändern, per Smartphone gesteuert werden können oder auf vorübergehende Passanten reagieren. Schritt für Schritt verwandeln sich die Betrachter mediatektonischer Projekte in Zukunft in Akteure, die in die Inszenierung eingebunden werden. Die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Themen ist dadurch nachhaltiger. Sie schafft hohe kommunikative und informelle Mehrwerte. Es wird spannend, diese schier unerschöpflichen Möglichkeiten für die Kommunikation nutzbar zu machen.

Das Phänomen Mediatektur bewegt uns schon seit langem. Für unser Anliegen, Kommunikationsbotschaften emotional und bewegend zu vermitteln, ist diese Disziplin geradezu prädestiniert. Sie erscheint uns wie eine logische Konsequenz unseres Tun und Denkens. Mediatektur ermöglicht es uns, Ihre Geschichten digital zu erzählen, universelle Raumerlebnisse zu schaffen und die immer komplexeren Informationsfluten begreifbar zu machen. Sie verwandelt Fassaden, Wände und Räume in Kommunikationsflächen und macht sie zu Monitoren der virtuellen Welt. Gern erzählen wir Ihnen bei unserem nächsten Treffen mehr über die innovativen Möglichkeiten der Mediatektur, die wir für Ihre Kommunikation erschließen können.

Dieser Text erschien in Works 3/15, dem Kundenmagazin der CB.e Clausecker I Bingel AG.

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